Als Karriereberaterin erhalte ich – gerade von älteren Arbeitssuchenden – häufig Anfragen mit der Bitte um Durchsicht der Bewerbungsunterlagen. Regelmäßig stellt sich dann schnell heraus, dass die Bewerbungsunterlagen – wenn man vom leider häufig gemachten Fehler des „Standard-Bewerbungsschreibens“, auf den ich bei Gelegenheit an dieser Stelle noch detaillierter eingehen werde, absieht – im Wesentlichen in Ordnung sind. Ich frage meine Klienten dann, wie sie sich genau bewerben. Hier erhalte ich in den allermeisten Fällen die Antwort, man recherchiere auf allen erdenklichen Jobbörsen und –portalen sowie in Printmedien nach „geeigneten“ Stellenausschreibungen.
Ja, die Stellenausschreibung ist nicht tot (siehe hierzu auch die Kolumne von Henner Knabenreich), allerdings sollte die Bewerbung auf Stellenausschreibungen meines Erachtens nur ein (kleiner) Teil der Bewerbungsstrategie sein.
Bewerbungen auf Stellenausschreibungen sollten nur ein (kleiner) Teil der Bewerbungsstrategie sein
Warum ist das so? Hatten Sie schon Gelegenheit (vielleicht in Ihrer aktuellen oder früheren Tätigkeiten), die Flut an Bewerbungen auf eine Print-Stellenanzeige zu sehen? – Eine Unternehmerin aus einer ländlichen Region berichtete mir neulich von 500 Bewerbungen auf die in der örtlichen Zeitung ausgeschriebene Stelle als Personalsachbearbeiterin. – Die Konkurrenz ist also in vielen Fällen überwältigend und – das gilt speziell für die Generation 40+ – Sie konkurrieren mit Bewerbern, die „auf dem Papier“ möglicherweise attraktiver als Sie wirken. Ich nenne hier nur die Stichworte Gehalt oder auch Flexibilität und Mobilität. Auf dem Papier können Sie Ihren ganz speziellen Nutzen für das Unternehmen in der Masse der Bewerbungen in aller Regel nicht in nachdrücklicher Form an den Mann oder die Frau bringen.
Zudem mache immer wieder die Erfahrung, dass hinter den ausgeschriebenen Stellen real keine vakanten Positionen (mehr) stehen. Sei es, dass die Stellen zwischenzeitlich schon besetzt wurden, die Stellen nur „pro forma“ ausgeschrieben wurden oder gar nur eine Marketingaktion der Hintergrund war.
Darüber hinaus wissen wir aus verlässlicher Quelle, nämlich dem IAB-Kurzbericht, dass die Stellenbesetzung über eigene Mitarbeiter bzw. eigene Kontakte aus Unternehmenssicht die erfolgreichste Art der Stellenbesetzung ist. Dies ist der Grund dafür, dass immer mehr Unternehmen Mitarbeiterempfehlungsprogramme aufsetzen.
Nicht zuletzt heißt der aktuelle Trend der Personalsuche „active sourcing“, will sagen, geeignete Kandidaten werden entweder durch speziell geschulte interne Rekruiter oder durch Personalvermittler im Internet identifiziert und angesprochen.
Was heißt das nun für Arbeitssuchende, speziell im mittleren Lebensalter?
Stellensuche 40+ muss ganzheitlich gedacht werden
Suchen Sie Wege, wie Sie Ihre speziellen Fähigkeiten und Erfahrungen sichtbar machen können und gehen Sie dabei ganzheitlich vor. Aus meiner Erfahrung hat sich hier eine zweistufige Vorgehensweise bewährt:
- Schärfen Sie Ihr Profil:
Was sind Ihre Kompetenzen (fachlich, methodisch und sozial)? Welche Erfahrungen bringen Sie aus Ihrem Berufs- und Privatleben mit? Welchen Nutzen können Sie einem Unternehmen bieten? Verschriftlichen Sie Ihre Erkenntnisse unbedingt! Es gibt viele Ratgeber, die Sie anleiten, dies im Selbststudium zu tun. Sie haben aber auch die Möglichkeit, sich hierzu von einem erfahrenen Karriereberater unterstützen zu lassen (Die Ergebnisse sollten dann ebenfalls schriftlich fixiert sein)!. - Werden Sie sichtbar! Nutzen Sie reale und virtuelle Kontaktmöglichkeiten. Hierzu habe ich Ihnen ein paar Tipps aus meiner Karriereberatungserfahrung zusammengestellt:
Tipps und Beispiele für mehr Sichtbarkeit
- Erheben Sie Ihr persönliches Netzwerk und kommunizieren Sie Ihr Profil.
Wer aus Ihrer Familie, aus Ihrem Freundeskreis, aus dem Sportverein, aus Ihrem ehrenamtlichen Engagement, aus Kindergarten und/oder Schule Ihrer Kinder, aus Ihrem Studium, aus Ihrer früheren Berufstätigkeit, aus Weiterbildungen etc. kann bzw. könnte Ihnen eventuell bei der Jobsuche behilflich sein?
Gehen Sie hier großzügig vor, denn auch, wenn Sie zunächst denken, dass Ihnen dieser Kontakt nicht helfen wird, so kann sich bei näherem Hinsehen bzw. Nachfragen doch eine Querverbindung zu möglichen Jobs herausstellen.
Prüfen Sie dann, wie Sie die jeweilige Person auf sich aufmerksam machen können. Beispiel: Eine meiner Klientinnen entschied sich dafür, ihre persönlichen Kontakte mittels einer selbst gestalteten Weihnachtskarte zu (re-)aktivieren. Neben herzlichen Weihnachtsgrüßen erwähnte sie auch, dass sie sich nach mehreren Jahren in ihrer aktuellen Tätigkeit zum neuen Jahr beruflich neu orientieren wolle. Die Reaktion kam postwendend: Neben zahlreichen freudigen Rückantworten erhielt sie auch einen Telefonanruf einer ehemaligen Klassenkameradin, die ihr mitteilte, dass ihr Unternehmen just im neuen Jahr eine Stelle zu besetzen habe, auf die ihr Profil genau passe. Meine Klientin erhielt den Arbeitsvertrag noch im Januar!
- Werden Sie im virtuellen Raum (Internet, Social Media) aktiv
Haben Sie ein Profil auf Linkedin und auf xing? OK, Sie haben ein xing-Profil. Aber: wie viel Kontakte haben Sie? Sind Sie mit Ihrem realen Netzwerk (siehe oben) auch virtuell verlinkt? Wie sind Ihre Profile gestaltet? Nutzen Sie das xing-Portfolio? Ist Ihr Lebenslauf auf about.me hinterlegt? Viele Personaler oder Personalvermittler suchen über xing oder Linkedin, daher lohnt sich das zeitliche Engagement unbedingt, die entsprechenden Profile aussagekräftig entsprechend Ihrem Profil (siehe oben) zu befüllen.
Beispiel: Just letzte Woche rief mich ein Klient an und berichtete mir, dass er aufgrund seines mit meiner Unterstützung nach einer Profilschärfung überarbeiteten xing-Profils von einer Personalvermittlung kontaktiert wurde. Man bot ihm genau die Stelle an, die er sich gewünscht hatte, in der Stadt seiner Wahl und mit seinen Gehaltsvorstellungen. Der Bewerbungsprozess erstreckte sich insgesamt über zwei Wochen. Ganz ohne formelles Anschreiben, lediglich mit seinem Lebenslauf sowie den Zeugnissen und aufgrund des guten Eindrucks in den persönlichen Gesprächen (die er souverän führen konnte, da ihm die Profilschärfung seine Stärken sehr bewusst gemacht hatten) wurden sich beide Seiten in schnell einig.
Fazit: Gerade für ältere Neu- bzw. Umorientierer gilt: Überprüfen Sie Ihre Suchstrategie und wählen Sie eine ganzheitliche Vorgehensweise. Machen Sie sich Ihre Stärken bewusst und kommunizieren Sie diese. Werfen Sie Ihre vermeintlichen Vorurteile bzgl. „Vitamin B haben doch nur die anderen“ über Bord und versuchen Sie Situationen zu meiden, in denen Sie einer oder eine unter vielen sind und Ihre echten Trümpfe nicht ausspielen können und prüfen Sie, wie Sie Ihre Trümpfe, Ihr Profil auch zeigen können.
Vielleicht wollen Sie sich dabei von einer erfahrenen Karriereberaterin unterstützen lassen – gerne biete ich Ihnen ein kostenloses Erstgespräch an!