#bcbn17 – Barcamp Bonn 2017 – Meine Nachlese mit Tipps für berufliche Neuorientierung

Das Barcamp Bonn 2017 ist Vergangenheit – gerne schreibe ich über meine Eindrücke, durfte ich mich als zweimalige Teilnehmerin doch schon als „alte Häsin“ fühlen.

Barcamp Bonn 2017 – neues Konzept: Klassisches Barcamp + themenspezifisches Barcamp in einem

Das Barcamp Bonn wartete im dritten Jahr seines Bestehens mit einigen Neuerungen auf: Die größte Innovation betraf die Dauer (Freitag und Samstag) mit der Unterteilung in ein themenspezifisches Barcamp am Freitag (Thema Mobilität) und einem klassischen Barcamp am Samstag. Ich war gespannt, was mich zum Thema Mobilität erwarten würde und ob sich die Sessiongeber tatsächlich inhaltlich an den Rahmen halten würden. Ich muss gestehen, das Thema Mobilität hatte mich bis dato noch nicht sonderlich interessiert und so kamen mir schon die Titel einiger Session etwas fremd vor. Nicht für alle Themen konnte ich mich spontan begeistern. So habe ich eben auch mal eine Runde ausgelassen und dafür „genetzwerkt“. Die Sessions, die ich besucht habe, waren jedoch – obgleich ich recht ahnungslos war – durchweg geeignet, bei mir Interesse am Thema zu wecken.

Überwältigende Themenvielfalt

Das klassische Barcamp vom Samstag scheint durchaus vom vorgeschalteten Barcamp am Freitag profitiert zu haben. Die Teilnehmerzahl war sehr ansehnlich und auch die Themenvielfalt enorm. Offenkundig besuchten einige Teilnehmer das Barcamp primär aufgrund des Mobilitäts-Themas, nutzten jedoch die Gelegenheit, um auch am Samstag noch klassische Barcamp-Luft zu schnuppern. Überhaupt: Die Themen – es ist schon erstaunlich, wie groß die Themenvielfalt und die Anzahl der Sessions sein kann. Zur Sessionplanung bildete sich eine lange Schlange von Sessiongebern und schon als die ersten Themen vorgestellt wurden, war ich begeistert, hätte ich doch bei jedem Thema gerne mitgemacht. Von WordPress Questions & Answers über Social Media für Kleinunternehmen über Recruiting 4.0 bei DHL Paket bis hin zum Bericht eines Flüchtlings über seine Flucht aus Syrien (im größten Raum!) war alles dabei. So füllte sich das Planungstableau dann auch schnell. Mehr noch: Zusätzliche Session-Lokalitäten in beiden Foyers oder auch in Form von Spaziergängen in der Rheinaue wurden flugs improvisiert – der Barcamper ist eben agil.

Professionell mit einer guten Portion Situationskomik

Ganz besonders gefallen hat mir die überaus professionelle Organisation: Von der Registrierung über die Vorstellungsrunden und die Sessionplanung bis hin zur Raumausstattung und zum Catering – alles war perfekt organisiert. Bei aller Professionalität der Organisation hat das Barcamp Bonn aber nichts von seiner individuellen Note eingebüßt. Das lag eindeutig am Organisatoren-Trio. Johannes Mirus, Sascha Förster und Karin Krubeck waren ein gleichermaßen souveränes wie fast schon kabarettreifes Team. Man merkte ihnen an, welche große Freude und wie viel Spaß sie an ihrer Arbeit hatten. Gerne hätte ich mich auch noch länger von ihrer launigen Moderation begleiten lassen.

Eigene #bcbn17-Session zu „Ziele wirksam umsetzen“

Auch meine Kollegin, Isa Triesch, und ich nutzten die Gelegenheit, um unser Thema, nämlich „Ziele wirksam umsetzen mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®)“ in einer Session vorzustellen. Wir waren sehr gespannt, ob das Thema auf Interesse stoßen würde und welche Resonanz wir erhalten würden. Sehr erfreut stellten wir fest, dass die Barcamp-Teilnehmer reges Interesse zeigten. So wurden wir auch schon vor unserer Session von einigen Teilnehmern hierzu angesprochen. Die Session war dann auch sehr gut besucht und die Teilnehmer zeigten sich nicht nur ehrlich interessiert, sondern auch sehr wertschätzend.

Barcamp-Tipps für Berufliche Neuorientierer

Als Karriereberaterin schaue ich natürlich auch immer unter einer beruflichen Perspektive auf solche Veranstaltungen. Gerade für Menschen, die sich beruflich neu orientieren möchten, kann ich den Besuch des Barcamps Bonn unbedingt empfehlen. Warum?

  • Ideen für Jobs bekommen: Schon bei der Vorstellungsrunde, in der ALLE Teilnehmer ihren Namen und ihren Beruf nannten, habe ich so viele interessante Tätigkeiten aufgenommen. Jeder, der sich neue Inspiration für mögliche Tätigkeiten wünscht, sollte einfach mal dieser Vorstellungsrunde lauschen und die Menschen mit interessant klingenden Berufen in einer Session-Pause hierzu interviewen.
  • Netzwerken: Netzwerken ist für die Suche nach einem neuen Job die Nummer 1 der Aktivitäten. Hier haben Sie DIE Gelegenheit dazu. Auf einen Schlag ca. 200 überaus offene Menschen aus allen möglichen Unternehmen oder Organisationen und in allen möglichen Hierarchiestufen. Ein ungezwungenes Gespräch z.B. über eine gemeinsam besuchte Session mit anschließendem Vernetzen via xing oder LinkedIn kann mehr wert sein als zwei Tage Recherche in Internet-Stellenbörsen!
  • Informationen über interessante Arbeitgeber der Region erhalten: Hätten Sie gewusst, dass Chefkoch.de 100 Mitarbeiter in Bonn beschäftigt oder, dass die Deutsche Post DHL Paket händeringend motivierte Mitarbeiter, auch mit einem „etwas anderen Profil“ sucht? Das und vieles mehr konnten Sie auf dem Barcamp Bonn erfahren. Überdies hatten Sie die Gelegenheit, mit Mitarbeitern dieser Unternehmen ungezwungen vor Ort über deren Arbeitsalltag zu sprechen (siehe oben: Netzwerken).

Mein Fazit und Ausblick auf 2018

Das Barcamp Bonn 2017 war aus meiner Sicht eine rundum gelungene Veranstaltung. Ich ging inspiriert mit interessanten neuen Kontakten und einigen Erkenntnissen aus unserer eigenen Session rund um’s Zürcher Ressourcen Modell nach Hause.

Fest im Kalender eingetragen sind schon der 23. Und 24. Februar 2018. Dann findet nämlich das Barcamp Bonn 2018 statt. Ganz besonders freue ich mich schon auf das themenspezifische Barcamp: Bildung, eines meiner Herzens-Themen!

Danke nochmals an die Organisatoren und auf Wiedersehen beim #bcbn18!

Mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®) der Unzufriedenheit in der Lebensmitte auf die Spur kommen

Die Lebensmitte – also die Zeitspanne ungefähr zwischen dem 40. Lebensjahr und der Mitte der Fünfziger Jahre – ist eine äußerst herausfordernde Lebensphase. Dies zeigt eindrucksvoll die sog. U-Kurve des Lebensglücks. Forschungen belegen, dass die Lebenszufriedenheit der Menschen in der Phase der Lebensmitte einen u-förmigen Verlauf macht. Dabei ist der Tiefpunkt mit ca. 50 Jahren erreicht. Danach steigt die Lebenszufriedenheit wieder kontinuierlich an.

Viele Menschen zwischen 40 und 60, die in meine Beratung kommen, berichten von einer „diffusen Unzufriedenheit“, die sie quält und der sie gerne auf den Grund gehen möchten. Wie dies aussehen kann, welche Herausforderungen typischerweise in der Lebensmitte auftreten und wie Sie diesen Herausforderungen mittels dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®) wirksam begegnen können, erfahren Sie in diesem BLOG-Beitrag.

Diffuse Unzufriedenheit, statt eines klar formulierten Problems

Beispielhaft möchte ich von einem Fall aus meinem Coaching 40+ berichten.

Vicky* ist 45 Jahre alt. Eigentlich läuft ihr Leben prima. Sie ist verheiratet, hat zwei tolle Kinder, einen schönen Freundeskreis und pflegt ihre Hobbies. Beruflich hat sie sich eine erfolgreiche Existenz als selbständige Unternehmensberaterin aufgebaut. Sie sagt, sie wisse, dass sie „eigentlich keinen Grund zum Jammern“ habe. Aber es quält sie ein „diffuses Gefühl der Unzufriedenheit“. Im Beruf fühlt sie sich energie- und lustlos. Die alltägliche Arbeit langweilt sie. Sie hat auch noch neue Ideen. Diese anzugehen, fehlt ihr aber die Energie. Auch im Privaten hat sie häufig keine Lust auf Unternehmungen. Viele Dinge gehen ihr durch den Kopf und sie berichtet bisweilen von gefühlsmäßigem Chaos in ihr drinnen. Nur eines weiß sie sicher: so kann es nicht weiter gehen, es muss sich etwas ändern.

Herausforderungen in der Lebensmitte

Vicky befindet sich in einer Situation, die typisch ist für die Phase der Lebensmitte. Gleich ein ganzes Bündel neuer Herausforderungen begegnen uns in dieser Lebensphase. Offenkundig sind körperliche Veränderungen und der Wandel der kognitiven Leistungsfähigkeit. Aber auch unsere Rollen im familiären Generationengefüge wandeln sich. Die Rolle als Eltern verändert sich mit zunehmender Eigenständigkeit der eigenen Kinder und die als Kind, wenn nämlich unsere Eltern älter und vielleicht pflegebedürftig werden. Zudem stehen wir häufig vor der Herausforderung, unsere Partnerschaft neu zu justieren.

Im Beruf stehen wir vielfach nicht mehr in der ersten Reihe, wenn es um spannende Projekte, Beförderungen u.ä. geht. Manche langweilt die Arbeit zunehmend. Andere spüren mitunter unerträglichen Druck durch ein Mehr an Arbeit und zunehmenden Konkurrenzdruck. Durch schwere Krankheiten und Todesfälle im näheren Umfeld werden wir schließlich immer mehr mit der Vergänglichkeit auch unseres eigenen Lebens konfrontiert.

 Alte Verhaltensweisen führen nicht zur Lösung

Diese Phänomene der Lebensmitte führen bei vielen Menschen zu einer deutlich wahrnehmbaren Verunsicherung. Sie beschreiben diesen Gemütszustand als mitunter quälend oder zumindest als unangenehm. Die Situation ist gekennzeichnet durch einen „Gefühle-Mix“, der zu einer „diffusen Unzufriedenheit“ führt. Gerade Menschen, die es gewohnt sind, ihre Probleme gedanklich zu durchdringen und damit zu einer guten Lösung zu gelangen, stoßen an ihre Grenzen. Das Nachdenken führt nicht zur Lösung. Der früher bewährte Weg, Probleme zu lösen greift ins Leere und daraus entsteht noch mehr Verunsicherung.

 Eigene Bedürfnisse erkennen mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM)

Aus Veränderungen in der Lebensmitte resultieren veränderte Bedürfnisse. Welche dies genau sind, das ist uns zunächst noch nicht bewusst. Daher gelingt uns auch die verstandesmäßige Bearbeitung nicht. Wir kommen nicht in eine zielführende Handlung.

Das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®) bietet hier eine gute Möglichkeit, unbewusste Bedürfnisse bewusst zu machen. Das von Maja Storch und Frank Krause an der Universität Zürich entwickelte Selbstmanagement-Tool integriert Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft und der Motivationspsychologie zu einem praktisch handhabbaren und effektiven Instrument. Unbewusste Bedürfnisse werden mithilfe von Bildern und Assoziationen zu diesen Bildern, bewusst gemacht. Die Wahl der Bilder sowie der passenden Assoziationen erfolgt mittels sogenannter somatischer Marker. Diese entsprechen – vereinfacht dargestellt – unserem „Bauchgefühl“. Somit stellt die Methodik des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM®) gerade für Menschen, die sich über ihre Bedürfnisse erst klar werden wollen, ein hervorragendes Instrument bereit. Sie können oftmals erst mit Hilfe der im ersten Schritt des ZRM® gewonnen Erkenntnisse ihr Anliegen in Worte fassen. Dies ist dann die Voraussetzung dafür, ein wirksames Ziel zu formulieren und Handlungen zu planen.

Wie dies funktionieren kann, möchte ich anhand des oben eingeführten Falles darstellen.

Vicky wird sich ihrer Bedürfnisse in ihrer Lebensmitte bewusst

Vicky wählt sich aus der Bildkartei zum Zürcher Ressourcen Modell intuitiv das Foto mit der Rebenranke, die sich inmitten des großen Blättermeeres fein um eine Rebe, der Sonne entgegen windet. Dazu sammeln wir Assoziationen. Was bzw. welche Begriffe kommen uns spontan in den Sinn, wenn wir das Bild ansehen. Vicky wählt nun die Begriffe aus, die sie am meisten ansprechen. Anhand dieser Begriffe überlegt Vicky, warum ihr Unbewusstes positiv darauf reagiert. Dies führt sie zu ihrem Thema. Sie wünscht sich einerseits eine feste Verbindung zu einem stabilen Ast (die braune Rebe, um die sich die Ranke windet), andererseits vermisst sie das Exotische, Einzigartige (dafür steht die sich kunstvoll verwindende Ranke) in ihrem Leben. Das Erkennen, dass sie einerseits ein Bedürfnis nach festem Halt (in der Familie, Partnerschaft und im Beruf) hat, andererseits aber (wieder) mehr Einzigartigkeit leben möchte, war für Vicky eine wesentliche Erleichterung. Auf dieser Basis konnte sie wesentlich besser mit den Herausforderungen der Lebensmitte umgehen. Sie entwickelte in der Folge speziell für ihren Beruf Ziele, die ihr Bedürfnis nach Halt und Einzigartigkeit berücksichtigten.

Fazit

Die Lebensmitte ist eine Phase, die von vielen Menschen als unangenehm und quälend empfunden wird. Sie ist eine Phase des Übergangs, die durch einen Gefühls-Mix gekennzeichnet ist. Bewährte Lösungsstrategien versagen. Dies liegt auch daran, dass uns unsere Bedürfnisse nicht bewusst sind. Mit Hilfe des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM®) können diese Bedürfnisse geklärt werden.

Wenn auch Sie mit dem Zürcher Ressourcen Modell im Coaching arbeiten möchten, dann bieten wir Ihnen die Gelegenheit dazu entweder in Einzelcoachings oder in einer Gruppe im ZRM®-Wochenend-Workshop.

*Der Name sowie alle persönlich-vertraulichen Details des Falles wurden geändert.

 

Jobwechsel – meine ganz persönliche Geschichte und 3 Tipps #MutzumJobWechsel

 

Wann ist es Zeit für einen Wechsel?

Jobwechsel, das ist das Thema, mit dem Menschen heute auf mich zukommen, manche nennen es auch berufliche Neuorientierung. Jobwechsel, das kennen fast alle Berufstätigen. Nicht immer ist der Jobwechsel freiwillig und selten ist die Entscheidung dafür einfach. Heute möchte ich Ihnen zunächst einen privaten Einblick in die Geschichte meiner persönlichen Jobwechsel geben. Daraus und aus meinen bisherigen Karrierecoachingpraxis habe ich weiterhin drei Tipps für Ihren Jobwechsel zusammengestellt.

Dieser BLOG-Artikel ist mein Beitrag zur Blogparade #MutzumJobWechsel von Melanie Vogel.

Los geht’s mit meinen persönlichen Jobwechseln

Erster Jobwechsel nach dem Studium

Mit zwei Abschlüssen in Betriebswirtschaftslehre (in Deutschland und Frankreich) in der Tasche stand ich da und hatte plötzlich erhebliche Zweifel an meiner bisherigen Berufsplanung. Ich hatte mein Studium klar auf „Zahlenlastiges“ ausgelegt: Bankbetriebslehre, Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung. Es sollte in die Steuerberatung gehen, doch mehrere Auslandsaufenthalte zum Ende des Studiums hatte meinen Blick geweitet. Plötzlich schien vieles denkbar. Ich bewarb mich trotzdem bei großen Steuerberatungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Mitten in der heißen Phase der Bewerbungsgespräche erhielt ich ein Angebot, das mein Herz sofort höher schlagen ließ. Ich sollte ein neues Studienprogramm an meiner Hochschule aufbauen. Nach einem ersten informellen Gespräch war klar, es gäbe viel Unterstützung und auch Freiraum für eigene Ideen. Es war eine intuitive Entscheidung, mich von der Steuerberatung abzuwenden und diese Stelle anzunehmen, die auch Mut erforderte. Ich habe es nicht bereut.

Die erste Stelle: ein Volltreffer

Noch heute komme ich ins Schwärmen, denn heute weiß ich, warum ich mich auf Anhieb sehr wohl gefühlt habe: Ich konnte wichtige Kernkompetenzen einsetzen, mit meinen Interessen arbeiten, viele mir wichtige Rahmenbedingungen waren realisiert. Zudem konnte ich meine wichtigsten Werte in der Arbeit leben. Zudem – und das ist auch heute noch das Wichtigste für mich – hatte ich das Gefühl mit meiner Arbeit etwas sehr Sinnvolles zu tun. Ich hatte viel Gestaltungsraum, konnte recht unabhängig arbeiten und erhielt Anerkennung. So konnte ich spannende Projekte initiieren und durchführen. Ein Beispiel war eine Jobmesse mit akademischem Rahmenprogramm für die Programm-Studenten, an der insgesamt über 30 internationale (Groß-)Unternehmen, Forscher und sogar der französische Botschafter teilnahmen. Nach ca. fünf Jahren hatte ich meine Ziele erreicht. Das Programm hatte nun auf beiden Seiten einen hervorragenden Ruf. Jahr für Jahr bewarben sich mehr hervorragende Studierende. Die Herausforderungen waren nun überschaubar. Aus meiner Sicht war es Zeit für einen Wechsel.

Von der Hochschule in die Unternehmensberatung

Als Kind aus einer Unternehmerfamilie war es ein fast zwangsläufiger Schritt, in die Wirtschaft zu wechseln. Nun wollte ich möglichst viel in möglichst kurzer Zeit sehen und lernen. Ich wechselte in die Unternehmensberatung: ein hohes Arbeitstempo und -pensum sollte eine steile Lernkurve garantieren. Nun war ich außerdem wieder bei den Zahlen angelangt. So richtig wohlgefühlt habe ich mich dabei nicht. Die Geburt meines zweiten Kindes nutzte ich für eine längere Elternzeit und die Vorbereitung meines nächsten Jobwechsels.

Berufliche Neuorientierung in der Elternzeit

Schon mit der Geburt meines ersten Kindes realisierte ich, dass sich einiges in meiner Wertehierarchie getan hatte. Familie, resp. Kinder standen nun ganz weit oben und die Werte, die früher mit meiner Arbeit assoziiert waren, sortierten sich erst weiter unten ein. Dies änderte sich auch nicht, als unser zweites Kind zur Welt kam. Ganz bewusst plante ich eine längere Familienphase. Diese wollte ich (auch) dazu nutzen, um eine für mich stimmige weitere berufliche Entwicklung zu planen.

Strukturierte Neuorientierung mit professioneller Unterstützung

Zufällig hörte ich von einem Workshop zur „kreativen Karriereplanung“. Berufliche Neuorientierung nach dem Konzept von Richard Nelson Bolles („Durchstarten zum Traumjob“) stand auf dem Plan. Das Seminar war ein Meilensteinfür mich. In der Gruppe lernte ich mein berufliches Profil erst richtig kennen. Ganz nebenbei konnte ich durch eine Übung zur „Interessen-Erkundung“ auch meinen „geheimen“ Traumberuf (Fotografin) für mich verabschieden. Hier hörte ich auch zum ersten Mal vom Beruf der Karriereberaterin, der mich sofort faszinierte. Um ganz sicher zu sein, erkundete ich – mit Unterstützung eines Coaches – noch zwei weitere Berufsfelder. Am Ende dieser Recherche stand für mich fest, dass ich Karriereberaterin werden würde. Mein dritter Jobwechsel war perfekt.

Zweifel und Weiterbildung in der berufliche Neuorientierung

Was sind meine stärksten Erinnerungen an die erste Zeit nach diesem Jobwechsel? Ein Wechselbad der Gefühle: Einerseits Freude und viel Energie für das neue (Herzens-)Thema, andererseits aber auch Zweifel (eigene und von anderen) und Unsicherheit. Dass man sich nicht einfach ein Schild an die Türe hängt und dann „mal Karriereberater“ ist, war für mich klar. Nur, welche Kompetenzen brauche ich dafür und wie kann ich sie mir aneignen? Das machte mich unsicher. Da half nur fragen, recherchieren, fragen, reden, recherchieren … Das habe ich getan, mit anderen Karriereberatern, potenziellen Kunden, Freunden, Familie und mit einem Coach. Und dann habe ich mich weitergebildet: Ausbildung zum systemischen Coach, Karriereberater-Zertifizierung, MBTI-Lizenzierung u.s.w. waren die Grundsteine. Meine Zweifel habe ich vor allem mit anderen thematisiert, auch mit anderen Selbständigen. Das hat geholfen.

„Interne“ Jobwechsel innerhalb der Selbständigkeit

Mein Geschäft hat sich entwickelt. Nachdem ich mit Trainings für Bewerber und für WiedereinsteigerInnen meine Selbständigkeit begonnen habe, war mein erster „interner Jobwechsel“ meine Fokussierung auf eigene Coachingthemen rund um berufliche Entwicklungsfragen. Nach und nach hat sich dann auch mein Herzensthema herauskristallisiert. Heute habe ich besondere Expertise im Bereich „Lebensmitte“. Hier begleite mit großer Begeisterung Einzelpersonen und Gruppen beim „Lebensmitte-Coaching“ bzw. beim „Neustart 40+“.

Tipps für Ihren Jobwechsel

Ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen und den Erfahrungen aus zahlreichen Coachings habe ich ein paar Tipps zusammen gestellt:

1. Analysieren Sie Ihren Standort

  • Welche Stärken (und Potenziale) haben Sie? – Können Sie diese aktuell überwiegend zum Einsatz bringen?
  • Was sind Ihre Interessen? Für welche Themen brennen Sie? – Interessiert Sie Ihr aktuelles berufliches Thema? Interessiert Sie die Branche, in der Sie arbeiten?
  • Was ist Ihnen wichtig? Was macht Ihnen Sinn? – Sind Ihre Werte (auch) in Ihrer Arbeit verwirklicht?
  • Welche Rahmenbedingungen sind wichtig, damit Sie energievoll leben? – Beispiele: Wie viel Zeit verbringen Sie mit dem Weg zur Arbeit? – Wie viel Zeit bleibt Ihnen für Ihr Hobby, für Ihre Familie? – Verdienen Sie das Gehalt, das Sie „verdienen“?
  • Was treibt Sie an? – Hier lohnt ein Blick auf Ihre bisherige Jobwechsel: Was war der Grund für den Jobwechsel? War es – wie bei mir – das Streben nach mehr Unabhängigkeit? War es das Gefühl, die eigene Work-Life-Balance verbessern zu wollen? (Anm.: Das Modell der Karriereanker nach E. Schein kann Ihnen hier gute Anhaltspunkte geben.)

2. Beachten Sie Ihre Lebensphase

Unser Leben lässt sich (vereinfacht) in verschiedene Lebensphasen untergliedern. Diese Lebensphasen sind durch unterschiedliche Anforderungen an uns gekennzeichnet. So steht in der Pubertät die Loslösung von der Herkunftsfamilie im Vordergrund. Beruflich bedeutsam ist die Phase des jungen Erwachsenenlebens. Junge Berufstätige fassen Fuß im (Berufs-)Leben, sie bauen sich generelles Wissen und ein Netzwerk auf. In dieser Zeit scheint alles möglich, scheitern ist häufig noch kein ernstes Thema. So war es auch bei meinem ersten Jobwechsel. Ich habe nicht lange darüber nachgedacht, was es heißt, einen Job anzutreten, in dem ich meine Fachkenntnisse zunächst nicht einsetzen würde. Ich war der festen Überzeugung, dass ich immer wieder gut in einen Job hineinkommen würde.

Beim Jobwechsel in der Lebensmitte ist das anders. Begrenzungen kommen in den Blick. Manche Menschen reagieren darauf mit dem Bedürfnis nach Veränderung. Prüfen Sie also genau, woher eine eventuelle Unzufriedenheit rührt. Ist ein Jobwechsel die Lösung oder geht es um andere Themen? Gibt es einen nicht realisierten „Traumberuf“, der jetzt mit Macht in Ihr Bewusstsein drängt? – Schauen Sie hier genau hin! Nutzen Sie die Lebensmitte: Wofür hat es sich gelohnt? – Was soll noch kommen? Das sind nur zwei Fragen, die ab 40 Jahren Ihre Aufmerksamkeit fesseln und beantwortet werden wollen.

Jede Phase hat eigene Herausforderungen, die wiederum Folgen für einen Jobwechsel haben können. Schauen Sie, was in Ihrer jetzigen Lebensphase ansteht und beziehen Sie dies in Ihre Überlegungen ein.

3. Zeigen Sie Durchhaltevermögen und suchen Sie sich Unterstützung

Zum Mut, den es für jeden Jobwechsel braucht, gehört auch Durchhaltevermögen. Ein Wechsel, zumal eine komplette berufliche Neuorientierung, ist mit vielen Ungewissheiten verbunden. Beim neuen Arbeitgeber muss man sich das Vertrauen der neuen Vorgesetzten, der Kollegen, Mitarbeiter, Kunden etc. erst erwerben. Eine Selbständigkeit erfordert viel Arbeit bei zunächst unsicheren Verdienstaussichten. Die Versuchung, den Zweifeln nachzugeben ist da. Nach Tiefschlägen weiterzumachen, das erfordert auch und vor allem Durchhaltevermögen und ein Unterstützer-Netzwerk. Ich habe mir dieses inzwischen auch auf beruflicher Ebene organisiert. In meinen beruflichen Kooperationen und Netzwerken geht es neben dem fachlichen Austausch auch immer um Unterstützung.

Diese Dinge haben bei all meinen Jobwechseln eine Rolle gespielt. Mal stand der eine Aspekt mehr im Vordergund, mal der andere. In Summe heißt dies: Reflektieren Sie Ihre aktuelle Situation und planen Sie dann Ihre nächsten Schritte, die zu Ihrem Jobwechsel führen können.

Haben Sie sich schon Gedanken über Ihre Jobwechsel gemacht? Was waren Ihre Antreiber? Was können Sie weiterempfehlen? Was würden Sie heute so nicht mehr tun? Vielleicht möchten Sie Ihre Erfahrungen mit mir teilen, dann freue ich mich auf Ihren Kommentar!

Weitere Beiträge zur Blogparade #MutzumJobWechsel finden Sie übrigens in den Kommentaren zum Artikel von Melanie Vogel.

 

 

 

Berufliche Entscheidungen treffen: Drei Schritte zu mehr Klarheit

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Berufliche Entscheidungen müssen wir ein (Berufs-)leben lang treffen

Wir alle kommen mehr oder weniger häufig im Leben in Situationen, in denen es gilt, Entscheidungen zu treffen und Weichen zu stellen. Im beruflichen Kontext sind das z.B. die Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium, später die Entscheidung für eine konkrete Tätigkeit, für einen bestimmten Arbeitgeber, für einen Auslandsaufenthalt, für eine Führungsaufgabe oder eine Fachkarriere, für eine Elternzeit, für einen Wiedereinstieg oder oder oder …

Entscheidungsverhalten ist auch typabhängig

Manche Entscheidungen fallen schwerer als andere, weil sie weitreichende Konsequenzen haben. Manch einer entscheidet sich leichter als andere. Das ist auch typbedingt. Beobachten Sie sich: Zählen Sie zu den Menschen, die sich zunächst viele mögliche Alternativen ansehen oder testen? Meine Freundin Heike zum Beispiel geht gerne mal in 10 Geschäfte, um nach einer weißen Bluse zu suchen und entscheidet sich dann doch erst beim nächsten Einkauf. Ihr Ehemann hingegen kann diese „Entscheidungsunfähigkeit“, wie er es manchmal etwas abschätzig nennt, nicht verstehen. Er geht in maximal zwei Geschäfte, wenn er sich ein Hemd kaufen möchte und entscheidet sich dann schnell. Ein Erklärungsmodell hierfür kann der Myers Briggs Typenindikator (MBTI) liefern: Hiernach gibt es – grob gesprochen – Menschen, die es bevorzugen, ihr Leben planvoll zu leben, sie entscheiden sich in der Regel schnell. Der MBTI spricht dann von einer Präferenz für „J“ („Judging“). Dem gegenüber stehen Menschen, die eine Präferenz für Offenheit und Flexibilität haben („P“ für „Perceiving“), diese tun sich häufig schwer mit Entscheidungen. Heike hat also möglicherweise eine Präferenz für „P“, Ihr Ehemann hingegen eine für „J“. Soweit ein Erklärungsansatz hierfür.

Wichtige berufliche Entscheidungen können zum Dilemma werden

Unabhängig vom Entscheidungstyp gibt es für jeden Menschen das, was wir als „schwierige“ Entscheidung empfinden. Hierbei handelt es sich in der Regel um Entscheidungen, die zum Teil mit erheblichen Konsequenzen für unser weiteres Leben verbunden sind oder auch bei denen jede Entscheidungsalternative mit Verbesserungen in einem Bereich, aber auch mit Verschlechterungen in anderen Bereichen einhergehen. Beispielsweise kann das Angebot, eine berufliche Station im Ausland zu verbringen, mit (vermeintlichen) Vorteilen wie der Aussicht auf einen wichtigen Karriereschritt, der Möglichkeit, eine andere Sprache und Kultur besser kennen zu lernen oder auch einem attraktiverem Gehalt plus Zusatzleistungen für Expatriates assoziiert werden. Auf der anderen Seite zeigen sich aber auch Nachteile: möglicherweise kann der Partner im Ausland nicht arbeiten, die Kinder müssen die Schule wechseln, kranke Verwandte können nicht mehr betreut werden etc. Schnell entsteht dann das Gefühl, sich in der Entscheidungssituation im Kreis zu drehen. Wenn Sie die sich zeigenden Alternativen zunehmend als schier unvereinbare Gegensätze empfinden und Sie diese Situation als belastend wahrnehmen, dann spricht man von einem Dilemma.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen ein Beispiel aus meiner Beratungspraxis schildern:

Entscheidung zwischen Angestelltemdasein und Selbständigkeit

Herrn M. (Name geändert) begleitete ich in einer Phase der beruflichen Neuorientierung. Er arbeitet in der Kommunikation eines größeren Unternehmens. Seine Tätigkeit machte ihn zunehmend unzufrieden. Im Coaching zeigte sich, dass er ein ausgeprägtes Streben nach Unabhängigkeit hat und zudem unternehmerisch tätig sein wollte. Dies kontrastierte mit den starren Hierarchien im Konzern und war ein wesentlicher Grund für seine Unzufriedenheit. Er entwarf den Plan einer Selbständigkeit. Wir hörten eine Weile nichts von einander, bis er mich vor kurzem anrief mit der Bitte, ihn in einer Entscheidungssituation zu unterstützen. Er hatte bis dato seinen Wunsch, mit der Selbständigkeit zu starten noch nicht in die Tat umgesetzt, erhielt nun aber ein verlockendes Angebot. Er sollte ein größeres Projekt als Selbständiger betreuen. Nun stand er also vor der Entscheidung, entweder Angestellter im Konzern zu bleiben oder den Absprung aus dem Konzern wagen und mit dem Projekt die Selbständigkeit zu beginnen.

Vielleicht kennen Sie eine solche oder ähnliche Entscheidungssituation im beruflichen Kontext. Folgende drei Schritte können Ihnen helfen, zu einer guten Entscheidung zu kommen:

Drei Schritte, wie Sie zu einer guten Entscheidung finden können:

1. Fragen stellen, zum Beispiel

  • Fragen zur Tätigkeit: Was genau muss ich tun? Womit beschäftige ich mich (überwiegend)? Wie könnte ein typischer Tag aussehen? Gibt es Dinge, die ich erst lernen muss? Was kann ich alleine tun, wo bin ich auf andere angewiesen?
  • Fragen zu den Rahmenbedingungen, z.B.: Wo kann ich das tun? Mit wem kann ich das tun (Kunden, Partner, Mitarbeiter)? Was wird mein Netto-Verdienst sein? Deckt dies meine finanziellen Verpflichtungen? Welche zusätzlichen Investitionen muss ich tätigen (Weiterbildungen, Räumlichkeiten, Reisen etc.)? Wieviel werde ich arbeiten? Wieviel Zeit bleibt mir für meine Freizeitaktivitäten und für meine Familie/Freunde?
  • Systemische Fragen, z.B.: Was würde meine Lebenspartnerin dazu sagen? Was meine Kinder? Wenn ich Ihren besten Freund fragen würde, was würde er mir antworten? Was würden Ihre Kollegen sagen?
  • Fragen zur Zukunft, z.B.: Wie sieht das in fünf/zehn Jahren aus? Was bedeutet dies für meine weitere berufliche Entwicklung?

Sammeln Sie die Antworten (z.B. auf Post-it) und legen Sie sie vor sich aus. Oftmals schafft dies schon ausreichend Klarheit.

2. Sprechen Sie mit Anderen

Wenn Sie zunehmend das Gefühl haben, sich nur „im eigenen Saft“ zu bewegen, dann können Impulse von außen einen Entscheidungsprozess nachhaltig bereichern. Für manch Eine löst sich der Knoten schon alleine durch das Erzählen der Situation an externe (unbefangene) Dritte. Für andere bietet der Austausch mit anderen die Möglichkeit, einen wesentlichen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Schließlich gibt es – je nach Fragestellung (z.B. wenn es um die Einschätzung von zukünftigen Branchentrends geht)- auch die Möglichkeit, Experten zu befragen. Wer ist geeignet? Der Kreis möglicher Gesprächspartner ist groß:  Lebenspartner, Familie, Freunde oder Kolleginnen. Professionelle Unterstützung in Entscheidungsfragen können Sie auch von Coaches und Karriereberatern erhalten oder Sie lassen sich in einer Coachinggruppe begleiten.

3. Setzen Sie Instrumente zur Entscheidungsfindung ein

Es gibt zahlreiche Instrumente, die Sie bei der Entscheidungsfindung unterstützen können. Hier sind drei Beispiele:

Pro- und Kontraliste (kennt eigentlich jeder):

Vor- und Nachteile einer Alternative werden aufgelistet, je nachdem, ob die Vorteile oder die Nachteile überwiegen, wird die Entscheidung getroffen). Diese Methode ist einfach und für viele sehr rationale Entscheider oft das Mittel der Wahl. Da die einzelnen Vor- und Nachteile in den allermeisten Fällen nicht gleichwertig wahrgenommen werden, wird diese Vereinfachung der komplexeren Realität oft nicht gerecht.

Entscheidungsmatrix (nach Svenja Hofert):

Zunächst werden die wichtigsten Kriterien für die Entscheidung erhoben, diese werden individuell gewichtet und ihr jeweiliger Erfüllungsgrad pro Kriterium bewertet. Daraus ergibt sich pro Handlungsalternative ein Zahlenwert. Die Entscheidungsalternativen werden nach ihren Zahlenwerten gerankt. Vorteile: Eignet sich nach meiner Erfahrung hervorragend für analytisch-rational geprägte Menschen, die so auch ihr Bauchgefühl mit in die Entscheidung einfließen lassen können. Nachteile: Nicht immer lässt sich Intuities in Zahlen übersetzen. Daher setze ich auch zusätzliche Instrumente ein, die das Unbewusste mehr einbeziehen.

Aufstellungen, insbesondere das Tetralemma (nach Insa Sparrer und Matthias Varga v. Kibéd):

Hier wird der Raum möglicher Handlungsalternativen aktiv erweitert: Neben der einen Option (das Eine) und deren Gegensatz (das Andere) wird nach dem Sowohl-als-Auch (Beides) gefragt und sogar nach einer vierten Möglichkeit (Keines von Beiden), wenn möglicherweise ein anderes Thema hinter dem genannten Entscheidungsthema steht. (Anm.: Auf die fünfte Position soll hier nicht eingegangen werden.). Zunächst werden die beiden (bekannten) Alternativen befragt, anschließend entwickelt man durch gezielte Fragen mögliche Alternativen (Beides), die Elemente aus beiden Positionen beinhalten. Schließlich wird auch die vierte Position befragt. Die einzelnen Positionen werden in der Folge immer wieder eingenommen bzw. befragt, sodass ein vielschichtiges Bild entsteht, auf dem eine Entscheidung getroffen werden kann.
Ich setze das Tetralemma oder eine reduzierte Form davon dann ein, wenn ich gänzlich neue Impulse einbringen, also zum Querdenken anmieren möchte. Dies kann sich sowohl auf mehr Intuitives als auch auf das Entwickeln einer neuen Alternative beziehen. Ein weiterer Effekt bezieht sich darauf, dass die Entscheidung oftmals leichter wird, wenn man die einzelnen Positionen im Raum, also physisch erfahrbar, einnimmt.

Herr M. – Von „Entweder“ versus „Oder“ zum „Sowohl-als-auch“

Zurück zu Herrn M. – wie ging es weiter? Als er zum Coaching kam, sagte er, er habe sich eigentlich schon dafür entschieden, im Konzern zu bleiben und das Projekt nicht zu übernehmen. Er wolle aber noch einmal meine Meinung dazu hören. Ich stellte ihm zunächst Erkundungsfragen zu den beiden Alternativen und deren Rahmenbedingungen. Weiter wollte ich von ihm wissen, was genau die Gründe waren, sich für den Verbleib im Konzern zu entscheiden und was ihn eigentlich am Projekt interessiert habe. Als er so erzählt, spüre ich bei ihm Faszination für das Projekt. Gleichzeitig merke ich sein Bedauern darüber, dass er sich für die vermeintlich „sichere“ Alternative, nämlich alles beim Alten zu belassen entscheidet. Daraus entsteht bei mir der Impuls, es könne vielleicht auch bei ihm ein „Beides“ geben. In seinem Fall also eine Möglichkeit, die es ihm erlaubt, sowohl seinen sicheren Job zu behalten als auch die selbständige Tätigkeit zu starten. Ich erläuterte ihm dies und stellte ihm entsprechende Fragen. Sofort war er Feuer und Flamme, denn an eine dritte Möglichkeit hatte er so noch nicht gedacht. So entwickelte er die Idee, seine Arbeitszeit zu reduzieren, das Projekt anzunehmen, aber mit einem Projektpartner abzuwickeln. Einen Projektpartner fand er sogar durch die Vermittlung des Auftraggebers, mit dem er offen sprechen konnte. Das Projekt war sein geglückter Start in die lang ersehnte Selbständigkeit.

Kennen Sie auch solche beruflichen Dilemmata? Wie ist Ihre Lösungsstrategie? Was hat sich bei Ihnen bewährt? Schreiben Sie mir Ihren Kommentar, ich bin neugierig darauf?